Tschüss Facebook

Mülleimer mit geöffnetem Deckel und hervorschauendem Facebook-Logo auf buntem Hintergrund

Ich habe mich von Facebook, Instagram und WhatsApp sowie anderen Social-Media-Portalen wie Snapchat, Signal oder Threema getrennt. Mit dem Gedanken spielte ich schon seit längerer Zeit, dass ich das tatsächlich durchziehe überrascht mich aber selbst ein wenig.

Schön für dich

Ich tu hier so, als würde ich etwas total richtig machen und du nicht. Aber so einfach ist das nicht. Es ist völlig in Ordnung, wenn du mit mir nicht einer Meinung bist, ich kann das vollkommen verstehen. Wie viele andere mochte ich Facebook um meine schönen und lustigen Momente zu teilen und diejenigen meiner Freunde zu erleben. Instagram nutzte ich oftmals als Inspiration. Als ehemaliger Fotograf und leidenschaftlicher Designer folgte ich vielen Models und Fotografen, Grafikern oder anderen Künstlern. Und eigentlich währe auch WhatsApp nicht mehr wegzudenken. Warum also all dem den Rücken kehren?

Gute alte Zeit

Die Zeiten wo Freunde (oder ich selbst) auf Facebook mehrmals pro Tag mit Posts zeigen, was durch den Tag so passiert, sind vorbei. Stattdessen muss ich mir nun Videos von gequälten Tieren anschauen, stolpere über Sketches und lustige Bilder die 2014 schon alt waren oder lasse Posts von Bekannten welche zum drölfzigsten mal in einem Beitrag für billige Ray Ban Brillen erwähnt werden über mich ergehen.

Ferienfotos oder lustige Selfies tauchten kaum noch in meiner Timeline auf. Heutzutage sehe ich, nebst der Werbung die mir Facebook ohnehin schon nach jedem zweiten oder dritten Post zeigt, auch noch diejenigen, welche von Freunden gepostet werden.

Stichwort Werbung. Laut Facebook soll mir diese personalisiert angezeigt werden. Anhand meines Profils weiss Facebook also, dass ich Software-Entwickler bin und Autos oder Games mag, ich eine schwäche für Technik habe und diversen Künstlern folge. Anhand diesen Informationen müsste man meinen, dass sich eigentlich gut Werbung anzeigen lässt, die mich tatsächlich interessiert. Stattdessen sehe ich folgendes:

Ich werde von hübschen Burschen angeschrieen, dass ich innert kurzer Zeit mehrere Zehntausend Euro verdienen kann. Alternativ lasse ich mir von einem 18 Jahre alten jungen Buben das perfekte Businessmodell erklären, indem ich mir sein 45-Minuten-Video ansehe, wo er mir sagt, wie toll er und sein Businessmodell doch seien. 45 Minuten, wo geredet wird, ohne wirklich etwas zu sagen.

Den imaginären Hut gelupft hat’s mir aber bei Marco Rima welcher mit seiner Investition grosse Banken zum zittern gebracht hat. Damit das wirklich glaubwürdig wirkt, verlinkt die Werbung auf eine Fake-Seite von 20min.ch.

Werbung von Facebook mit Marco Rima und der gefälschten 20min.ch Website

Dass auf Facebook und Instagram die Werbung automatisiert und nicht kuratiert veröffentlicht wird, finde ich absolut inakzeptabel. Es ist ja nicht so, dass das ein Einzelfall wäre, ich begegnete diesen Anzeigen jeden Tag.

Solche Werbung habe ich auch schon gemeldet, mit dem Feedback, dass diese gegen keine Richtlinie verstossen. Bitte? Ich bin mir fast sicher, Herr Rima oder 20min ist da anderer Meinung.

Von der Werbung im Facebook-Messenger fange ich gar nicht erst an und bis WhatsApp die Werbung in den Stories aufschaltet, stört mich das nicht mehr.

Richtige oder keine Werbung

Ganz selten erhielt ich Werbung von Automarken wie Audi oder BMW welche ihre neusten Modelle präsentierten. Diese Werbung habe ich sogar begrüsst, weil ich mich für dafür tatsächlich interessiere.

Ich hätte auch ein Abonnement begrüsst. Bezahle also monatlich einen Betrag, sehe dafür aber keine Werbung. Oder wie wär’s mit Pro-Features? Etwa ein werbefreies Instagram mit Speicher zur Beibehaltung von Originalbildern, ähnlich wie bei Flickr.

Die vielen negativen Eindrücke haben mich aber dazu bewegt, die Profile von Facebook oder Instagram zu deaktivieren und die dazugehörigen Apps und Lesezeichen zu löschen.

Das Internet und Neuland

Über die Nachteile von WhatsApp habe ich bereits in meinem Beitrag über Telegram berichtet. Derzeit verlassen viele Facebook und WhatsApp aufgrund der Datenschutzproblematik, was auch der aktuelle Twitter-Hashtag #UninstallWhatsApp zeigt. Für mich ist aber nicht der Datenschutz ausschlaggebend. Ich habe steht’s die folgende Aussage im Hinterkopf:

Poste im Internet nichts, was du nicht auch deinen Eltern zeigen würdest.

Also, alles, was ich im Internet poste, egal ob in einem Messenger oder einem Social-Portal kann theoretisch gegen mich verwendet werden. Die Frage ist nur, ob ich damit umgehen kann und wie weit mich das interessiert.

Video „Wie geheim sind WHATSAPP Chats wirklich?“ des YouTube-Kanals So Many Tabs.

Übrigens, sogar die WhatsApp-Gründer selbst, haben Facebook den Rücken gekehrt.

Existenzängste

Ob ich Schweissausbrüche oder schlaflose Nächte aufgrund der Langzeitauswirkungen bekomme, kann ich natürlich nicht voraussagen. Ich glaube, das Hauptproblem besteht darin, dass das Gefühl aufkommt, nicht mehr auf dem Laufenden zu sein, bin mir aber ziemlich sicher, dass das lediglich die Macht der Gewohnheit ist und relativ schnell wieder verfliegt.

Zumal ich schon seit längerer Zeit für vieles eine Alternative gefunden habe, um mich zu beschäftigen. Witzige Bilder oder Memes schau ich mir schon lange auf Reddit an. Die News hole ich mir über meine RSS Feeds. Dazu gehören auch Blogs von Entwicklern und Künstlern, manchen davon folge ich auch auf Twitter.

Aber wie weiss ich nun, was bei meinen ehemaligen Facebook-Freunden passiert? Tja, Gar nicht. Aber mit den meisten Facebook-Freunden hatte ich ohnehin keinen Kontakt mehr. Personen, die mir nahe stehen, höre oder sehe ich regelmässig. Die stört es auch nicht, wenn Sie mir via SMS oder iMessage schreiben oder mich via Telefon und Facetime anrufen müssen. Einige haben unterdessen auch zu Telegram – dem Messenger meiner Wahl – gewechselt oder hatten ihn vorher schon im Einsatz. Falls du mir schreiben möchtest, kannst du das hier übrigens tun.

Etwas aktiver werde ich in den nächsten Wochen wohl wieder auf Twitter. Klar, auch da gibt’s Werbung. Die Art und Menge davon ist aber okay für mich.

Dienste wie Snapchat, Threema oder Signal hab ich nie wirklich genutzt. Da vermisse ich also nichts.

Also, fehlt jetzt was? Die simple Antwort: Nein.


Hast du dich selbst auch schon von Social-Accounts getrennt oder überlegst es dir? Oder findest du das völlig unnötig. Sag mir deine Meinung dazu in einem Kommentar.

Kommentare

9 Antworten zu “Tschüss Facebook

Geiler Artikel Sandro, vielen Dank dafür! Mein FB und Insta-Konto sind auch schon weg, nur von Whatsapp kann ich mich nicht trennen. Vielleicht kannst Du mir da noch ein paar Tipps geben?

Vielen Dank für’s Kompliment. So richtig Tipps kann ich dir nicht geben, ich mach’s ja selbst zum ersten mal. Ich persönlich schreib nun die wichtigen Personen noch kurz auf WhatsApp an, damit die bescheid wissen. Die anderen werden’s früher oder später schon merken.

Huhu Sandro
Du hast das Ganze sowas von auf den Punkt gebracht. Ich konnte mich total mit Deinen Worten identifizieren. Ich glaub, ich mach mir nun auch mal meine Gedanken darüber.
Herzlicher Gruss & bis zum nächsten SMS oder zur nächsten Kaffeepause im Office,
Andrea

Der Artikel ist nun schon etwas älter. Ob es hierzu ein Update geben wird? Wie ist es dir in den vergangenen Monaten ergangen?

Der Ausstieg ist keineswegs einfach. Vor über vier Jahren fand ich den Weg hinaus. Danach stellte ich mir immer wieder die Frage, warum den Nutzerinnen und Nutzern von sozialen Netzwerken der Ausstieg überhaupt so schwer fällt.
Die Antwort ist alles andere als einfach und führt in die dunklen Untiefen der Sozialpsychologie, vorbei an Suchtproblematiken und zu Entwicklern von Software, die unheimlich gut verstehen, wie sie ihre Nutzerinnen und Nutzer von ihrem Produkt abhängig machen und daraus Profit erwirtschaften können.

Gerne empfehle ich an dieser Stelle den Podcast » Your Undivided Attention« und das Buch »Digitaler Minimalismus« von Cal Newport, als sanfter Einstieg in die Materie.

Bisher habe ich nur WhatsApp wieder installiert. Auf Reklamation von Freunden, weil Sie mich für Geburtstage oder Events nicht mehr in Gruppen einladen konnten und mich immer separat anschreiben mussten. Ansonsten empfinde ich den Ausstieg immer noch als sehr befreiend und wirklich fehlen tut mir nichts.

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